Holz an Messers Schneide

Bei der Manufaktur »Güde Solingen« wird nicht nur die Klinge gewetzt, sondern auch Tag für Tag an neuen Ideen gefeilt: Dass der traditionelle Messerhersteller dabei ein besonderes Händchen für ansprechendes Design hat, beweisen seine außergewöhnlichen Kombinationen aus Holz und Stahl.

Wer heutzutage nach einem ›guten‹ Messer sucht, der kommt am nordrheinwest- fälischen Solingen kaum vorbei: Schon im 16. Jahrhundert als Epizentrum für Messermacher bekannt geworden, geben sich hier bis heute Manufakturen, Großbetriebe, Schmiede und Zulieferer ›die Klinge in die Hand‹. Etwas, das in einem kleinen Unternehmen wie »Güde Solingen« noch wortwörtlich zu verstehen ist: »Hier ist ja nichts vollautomatisiert wie in bei den großen Firmen. Jedes Messer wird von unseren Mitarbeitern um die 40-mal in die Hand genommen«, sagt Dr. Karl Born. Der Geschäftsführer des Betriebes mit 20 Mitarbeitern ist in der Tradition des Schleifen und Schärfens aufgewachsen: 1910 von seinem Urgroßvater Karl Güde gegründet, gelangte die Manufaktur in den 1940ern durch die Erfindung des Güde-Wellenschliffs mit spitzen Zähnen zu Weltruhm.

Am Erfolgsrezept wurde seitdem nur wenig geändert: Höchste Qualitätsansprüche mit einer ordentlichen Portion Ideenreichtum machen Güde zur ersten Adresse für Profi -Köche, Sammler und Liebhaber handgemachter Messer. »Mit um die 300 Messer pro Tag sind wir ein eher kleines Unternehmen, so können wir immer neue Ideen ausprobieren«, sagt Born. »Dabei steht die Funktion und das Handling für ein Messer natürlich klar im Vordergrund. Aber etwas, das gut funktioniert, kann ja auch schön aussehen.«

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Messerset aus der Serie »Alpha Fasseiche« mit zugehörigem Magnet-Pult »

Dass nach diesem Motto immer mehr Holz in den Griffen verarbeitet wird, ist kein Zufall: »Der Trend geht ganz klar in Richtung Naturprodukt. Die Menschen wollen heute kein Plastik mehr, sondern sehnen sich nach langlebigen, zeitlosen Materialien«, erklärt Born. Ob Birne, Kirschbaum oder 500 Jahre altes Olivenholz – den Kombinationen sind nur wenige Grenzen gesetzt, solange sie den hauseigenen Qualitätsansprüchen genügen: »Wir wollen nicht willkürlich Holz und Stahl zusammenbringen, unsere Messer sollen immer auch eine kleine Geschichte erzählen«, so Born.

»Die Menschen wollen heute kein Plastik mehr, sondern sehnen sich nach langlebigen, zeitlosen Materialien.«

Deshalb kämen Ideen für neue Modelle auch eher selten von den Reißbrettern externer Produktagenturen, sondern fast immer aus dem eigenen Umfeld – wie zum Beispiel bei der Edition »Briccole di Venezia«: »Meine Schwiegermutter hatte damals einen italienischen Hersteller entdeckt, der aus alten Gondelpfählen in Venedig Designmöbel baut«, erzählt Born.

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» Inhaber Karl Güde (in der Mitte links) in der Manufaktur um ca. 1915

Der nachhaltige Gedanke, aus den sogenannten ›Briccole‹ etwas Neues herzustellen, findet auch im eigenen Unternehmen Anklang: »Jetzt werden wir regelmäßig mit venezianischem Holz beliefert und verarbeiten es zu unseren Griff schalen weiter.« Ähnlich außergewöhnlich liest sich die Entstehung der Serie »Alpha Fasseiche«, die von Sternekoch Harald Rüssel in die Wege geleitet wurde: »Haralds Schwager hatte über 80 Jahre alte Weinfässer im Keller und kam mit der Idee auf uns zu, daraus Messergriffe zu fertigen.« Das gereift e Eichenholz hatte zufällig die perfekte Beschaffenheit, und wird aktuell von Born und seinem Team in der limitierten Serie »Alpha Fasseiche« eingesetzt.

Dennoch bringe natürlich nicht jedes Holz die richtigen Voraussetzungen für den ›Güdschen Schnitt‹ mit: »Das Holz darf nicht zu weich sein und muss hohen Belastungen standhalten – sonst neigt es zu Splittern und lässt sich nicht gut in die Nieten einpassen«, so Born. Schwierigkeiten, die gerade bei Meisterstücken wie den »Damaststahlmessern« nicht auftreten dürft en: »Der Damaststahl ist ein Material, aus dem schon vor Jahrhunderten Jagdmesser und Schwerter hergestellt wurden«, erzählt Born. »Ich wollte daraus unbedingt ein eigenes Modell herstellen, allerdings musste ich dafür erstmal eine Holzart finden, die diesem Stahl ebenbürtig ist …« Fündig wird er schließlich im Wüsten-Eisenholz aus Arizona, das mit seiner Marmorierung und extremen Härte einen fließenden Übergang zwischen Griff und Klinge schaff t. Mit dem »Red Dot Designaward« ausgezeichnet, spiegelt sich diese handgemachte Exklusivität natürlich auch im Preis wider: »So ein Messer kann dann schon mal bis zu 4200 Euro kosten. Das ist eher was für Sammler oder für ein besonderes Ereignis: Einer unserer Kunden – ein Profi koch – hat sich das zum Beispiel zum ersten Stern geschenkt.«

»Wir wollen nicht willkürlich Holz und Stahl zusammenbringen, unsere Messer sollen auch immer eine Geschichte erzählen.«

Um sich auch in Zukunft von der Konkurrenz in der Nachbarschaft abzuheben, arbeiten Born und sein Team schon wieder an zahlreichen neuen Ideen: »Wir planen zum Beispiel gerade eine Serie, die wir gemeinsam mit einem Schreiner aus Köln realisieren wollen. Mehr kann ich dazu aber noch nicht verraten«, deutet Born an. Sicher ist jedoch, dass »Güde Solingen« auch hier wieder auf traditionelle Qualitätsstandards und innovative Design-Ideen setzen wird – denn die liegen schließlich am Besten in der Hand.

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» Der glühende Klingenrohling nach dem Schmieden

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» Oben: Alte Weinfässer für die »Alpha Fasseiche« Serie / Unten: Montagebereite Griff stücke

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» Reine Handarbeit: Die Griffmontage des »Franz Güde« Brotmessers

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» Vor der Vernietung: Das Brotmesser »Franz Güde« mit Griffstücken aus Olivenholz